Verjährungsfristen im Zivilrecht
Verjährungsfristen im österreichischen Zivilrecht
Allgemeine Verjährungsfrist bei Schadenersatzansprüchen:
Die allgemeine Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche beträgt drei Jahre. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem der Schaden und die Person des Schädigers dem Geschädigten bekannt wurden. Dies gilt sowohl für vertragliche als auch für außervertragliche Schadenersatzansprüche gemäß § 1489 ABGB.
Bei dieser kenntnisabhängigen Frist ist entscheidend, dass der Geschädigte über ausreichende Kenntnis verfügt, um mit Aussicht auf Erfolg klagen zu können. Der Oberste Gerichtshof hat dazu klargestellt, dass die Verjährungsfrist erst dann beginnt, wenn die Kenntnis über Schadenseintritt, Schädiger und Ursachenzusammenhang einen solchen Grad erreicht hat, dass eine erfolgversprechende Klage möglich ist. Bloße Mutmaßungen reichen nicht aus, allerdings darf der Geschädigte auch nicht warten, bis sein Prozessrisiko minimal ist.
Lange Verjährungsfrist:
Wenn dem Geschädigten der Schaden oder die Person des Schädigers nicht bekannt geworden ist, oder wenn der Schaden aus einer oder mehreren gerichtlich strafbaren Handlungen entstanden ist, die vorsätzlich begangen wurden und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, gilt eine längere Verjährungsfrist von 30 Jahren.
Fristen im Gewährleistungsrecht
Bei Sachmängeln leistet der Übergeber Gewähr, wenn der Mangel bei Übergabe der Sache vorliegt und innerhalb bestimmter Fristen hervorkommt. Diese Fristen betragen:
Unbewegliche Sachen: 3 Jahre ab Übergabe
Bewegliche Sachen: 2 Jahre ab Übergabe
Viehmängel: 6 Wochen
Verjährungsfristen für Gewährleistungsansprüche:
Die Rechte des Übernehmers aus der Gewährleistung sowie die Ansprüche aus einer Preisminderung oder Vertragsauflösung verjähren drei Monate nach Ablauf der Gewährleistungsfrist (also 3 Jahre + 3 Monate bzw. 2 Jahre + 3 Monate). Damit ergibt sich ein "Zwei-Fristen-Modell", bei dem zwischen der Gewährleistungsfrist und der Verjährungsfrist unterschieden wird.
Besonderheiten bei Rechtsmängeln:
Bei Rechtsmängeln gilt keine spezifische Gewährleistungsfrist. Der Übergeber leistet Gewähr, wenn der Mangel bei der Übergabe der Sache vorliegt. Die Verjährungsfrist bei Rechtsmängeln beträgt:
2 Jahre bei beweglichen Sachen
3 Jahre bei unbeweglichen Sachen ab dem Zeitpunkt, zu dem der Mangel dem Übernehmer bekannt wird.
Einfluss von Verbesserungsversuchen:
Nach ständiger Rechtsprechung kann bei einem Verbesserungsversuch eine neue Gewährleistungsfrist beginnen. Wenn sich nach zunächst zugesagter Reparatur die Unmöglichkeit der Mangelbehebung herausstellt, beginnt von diesem Zeitpunkt eine neue Gewährleistungsfrist.
Verkürzung und Verlängerung der Fristen:
Die gesetzlichen Fristen können grundsätzlich vertraglich verkürzt oder verlängert werden. Im Verbraucherrecht gelten jedoch Einschränkungen: Gewährleistungsrechte des Verbrauchers können vor Kenntnis des Mangels nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.
Bei gebrauchten Waren kann die Gewährleistungsfrist im Verbraucherrecht auf ein Jahr verkürzt werden, sofern dies im Einzelnen ausgehandelt wird.
Zeitliche Anwendbarkeit der Regelungen:
Das aktuelle Gewährleistungsrecht gilt für Verträge, die nach dem 31. Dezember 2021 geschlossen wurden. Für früher abgeschlossene Verträge gelten die früheren Bestimmungen, wonach die Gewährleistungsrechte bei beweglichen Sachen nach 2 Jahren und bei unbeweglichen Sachen nach 3 Jahren ab Übergabe verjährten.
Verjährungsfristen im Bereicherungsrecht
Grundsatz der 30-jährigen Verjährungsfrist:
Bereicherungsansprüche nach § 1431 ABGB (Leistungskondiktion) unterliegen grundsätzlich der allgemeinen Verjährungsfrist von 30 Jahren gemäß § 1479 ABGB. Diese lange Frist gilt als Auffangtatbestand, wenn keine gesetzlichen oder durch Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen zur Anwendung kommen.
Auch für Verwendungsansprüche nach § 1041 ABGB gilt die 30-jährige Verjährungsfrist, sofern keine Leistung oder Lieferung im geschäftlichen Betrieb vorliegt.
Differenzierender Ansatz der neueren Rechtsprechung:
Die neuere Rechtsprechung verfolgt einen differenzierenden Ansatz und wendet auf Bereicherungsansprüche häufig kürzere Verjährungsfristen an. Dabei wird die Verjährung von Kondiktionsansprüchen analog nach der Art des Anspruchs beurteilt, an dessen Stelle die Kondiktion tritt.
Dreijährige Verjährungsfrist bei periodisch wiederkehrenden Leistungen:
Die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 1480 ABGB wird auf folgende Bereicherungsansprüche angewendet:
Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Kreditzinsen
Zu Unrecht eingehobene Gebrauchsabgaben durch Netzbetreiber
Mietzinsüberzahlungen
Periodisch zu Unrecht geleistete Leasingentgelte
Rückforderung von rechtsgrundlosen Abbuchungen im Lastschriftverfahren
Die Anwendung dieser kürzeren Frist wird unter anderem damit begründet, dass es einen Wertungswiderspruch darstellen würde, wenn beispielsweise ein Mieter gesetzwidrig überhöhte Zinsen nur drei Jahre, ein Kreditnehmer aber überhöhte Zinsen 30 Jahre zurückfordern könnte.
Weitere besondere Verjährungsfristen:
Bei Leistungen im geschäftlichen Betrieb: Dreijährige Verjährungsfrist nach § 1486 Z 1 ABGB
Maklervertragsverhältnisse: Dreijährige Verjährungsfrist ab Fälligkeit gemäß § 11 MaklerG Bereicherungsansprüche nach Vertragsrücktritt (§ 921 Satz 2 ABGB): 30-jährige Verjährungsfrist
Bereicherungsansprüche nach Auflösung einer Lebensgemeinschaft: 30-jährige Verjährungsfrist
Beginn der Verjährungsfrist:
Die Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem das Recht nach objektiven Gesichtspunkten erstmals geltend gemacht werden kann. Bei Bereicherungsansprüchen nach § 1431 ABGB beginnt die Verjährungsfrist mit der rechtsgrundlosen Leistungserbringung.
Bei bereicherungsrechtlichen Ansprüchen nach Auflösung einer Lebensgemeinschaft beginnt der Fristenlauf, sobald objektive Anhaltspunkte vorliegen, dass mit der Erfüllung der Erwartung oder Zusage nicht mehr gerechnet werden kann.