2019

Anrechnungen von Schenkungen

Anrechnungen von Schenkungen bei pflichtteilsberechtigten und bei nicht pflichtteilsberechtigten Personen


Schenkungen an Dritte (§ 782 ABGB)


Auf Verlangen von

  • Pflichtteilsberechtigten


Voraussetzungen:

• Schenkung erfolgte in den letzten zwei Jahren vor dem Tod


• Schenkung erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu der der Verstorbene (und Geschenkgeber) ein pflichtteilberechtigtes Kind gehabt hat bzw. bei Ehegatten oder Partner nur bei Schenkungen während aufrechter Ehe oder eingetragener Partnerschaft mit dem Verstorbenen.


Berechnung:

Die Schenkung wird der Verlassenschaft hinzugerechnet. Ausgehend von dieser erhöhten Verlassenschaft ist der Anspruch der Pflichtteilsberechtigten neu zu berechnen.


Schenkungen an eine pflichtteilsberechtigte Person (§ 783 ABGB)


Auf Verlangen von

  • Pflichtteilsberechtigten oder

  • Erben


Voraussetzungen:

  • Schenkung erfolgte an Person, die dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten angehört


Berechnung:

Die Schenkung wird der Verlassenschaft hinzugerechnet und aufgrund dieser Berechnung der Pflichtteil ausgerechnet. Der begünstigte Pflichtteilsberechtigte muss sich auf diesen berechneten Pflichtteil die erhaltene Schenkung anrechnen lassen.


Beispiel:

Der Verstorbene hat einen Sohn und eine Tochter. Der Tochter schenkt er zu Lebzeiten ein neues Auto im Wert von € 20.000,00. Im Testament setzt er seine Lebensgefährtin als Alleinerbin ein. Das Verlassenschaftsvermögen beträgt € 100.000,00.


Gesetzliche Erbfolge: Sohn und Tochter würden je die Hälfte erhalten je € 50.000,00


Pflichtteilsanspruch: je €25.000,00 (1/2 der gesetzlichen Erbfolge)


Anrechnung der Schenkung an die Tochter:


Bemessungsgrundlage der neuen Pflichtteile: € 100.000,00 + € 20.000,00 = € 120.000,00


Gesetzliche Erbfolge: Sohn und Tochter würden je die Hälfte erhalten je € 60.000,00.


Pflichtteilsanspruch: je €30.000,00 (1/2 der gesetzlichen Erbfolge)


Sohn erhält € 30.000,00 statt € 25.000,00


Tochter erhält € 30.000,00 - € 20.000,00 (Anrechnung der Schenkung) = € 10.000,00 statt € 25.000,00


Ausnahmen:


• Der Geschenkgeber kann zu Lebzeiten mit dem Geschenknehmer schriftlich vereinbaren, dass die Schenkung auf den Pflichtteil oder auf den Erbteil nicht angerechnet werden soll (auch nachträglich z.B. im Zuge eines Testaments möglich).


• Schenkungen, die aus Einkünften ohne Schmälerung des Stammvermögens, zu gemeinnützigen Zwecken, in Entsprechung einer sittlichen Pflicht oder aus Gründen des Anstandes gemacht wurden, sind ebenfalls nicht anzurechnen.



Sollte die Verlassenschaft nicht ausreichen,


um das Pflichtteil auszuzahlen, so kann der Pflichtteilsberechtigte verlangen, dass der Geschenknehmer oder der Vermächtnisnehmer den Rest auf den zustehenden Pflichtteil zahlt (Haftung des Geschenknehmers).



Die Bewertung von Schenkungen


erfolgt mit dem Wert zum Zeitpunkt, in dem die Schenkung wirklich gemacht wurde, wobei eine Aufwertung auf den Todeszeitpunkt anhand des von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex erfolgt. Einschränkungen der Verfügungsfreiheit oder Verwertbarkeit (zB Wohnrechte) sind bei der Bewertung zu berücksichtigen.


Das Gesetz (Stand 13.12.2019)


ABGB


3. Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen unter Lebenden

§ 781. (1) Schenkungen, die der Pflichtteilsberechtigte oder auch ein Dritter vom Verstorbenen zu dessen Lebzeiten oder auf den Todesfall erhalten hat, sind der Verlassenschaft nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen hinzuzurechnen und auf einen allfälligen Geldpflichtteil des Geschenknehmers anzurechnen.(2) Als Schenkung in diesem Sinn gelten auch 1. die Ausstattung eines Kindes, 2. ein Vorschuss auf den Pflichtteil, 3. die Abfindung für einen Erb- oder Pflichtteilsverzicht, 4. die Vermögenswidmung an eine Privatstiftung, 5. die Einräumung der Stellung als Begünstigter einer Privatstiftung, soweit ihr der Verstorbene sein Vermögen gewidmet hat, sowie 6. jede andere Leistung, die nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt einem unentgeltlichen Rechtsgeschäft unter Lebenden gleichkommt.


Schenkungen an nicht pflichtteilsberechtigte Personen

§ 782. (1) Auf Verlangen eines Pflichtteilsberechtigten sind Schenkungen, die der Verstorbene in den letzten beiden Jahren vor seinem Tod an Personen, die nicht dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten angehören (§ 757), wirklich gemacht hat, bei der Berechnung der Verlassenschaft hinzuzurechnen.(2) Dieses Recht steht einem Nachkommen nur bei Schenkungen zu, die der Verstorbene zu einer Zeit gemacht hat, zu der er ein pflichtteilsberechtigtes Kind gehabt hat, dem Ehegatten oder eingetragenen Partner nur bei Schenkungen, die während seiner Ehe oder eingetragenen Partnerschaft mit dem Verstorbenen gemacht worden sind.


Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte


§ 783. (1) Auf Verlangen eines Pflichtteilsberechtigten oder eines Erben sind Schenkungen an Personen, die dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten angehören (§ 757), der Verlassenschaft hinzuzurechnen und auf den Pflichtteil der beschenkten Person oder derjenigen Person, die an deren Stelle tritt, anzurechnen. Ein Geschenknehmer, der im Zeitpunkt der Schenkung allgemein zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehörte (§ 757) und dem deshalb kein Pflichtteil zukommt, weil er auf seinen Pflichtteil verzichtet hat oder die Erbschaft ausgeschlagen hat, kann ebenfalls die Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte verlangen.(2) Die Hinzu- und Anrechnung kann auch ein Vermächtnisnehmer verlangen, soweit er zur Pflichtteilserfüllung beizutragen hat oder einen verhältnismäßigen Abzug erleidet.


Ausnahmen


§ 784. Schenkungen, die der Verstorbene aus Einkünften ohne Schmälerung des Stammvermögens, zu gemeinnützigen Zwecken, in Entsprechung einer sittlichen Pflicht oder aus Gründen des Anstandes gemacht hat, sind weder hinzu- noch anzurechnen, sofern der Verstorbene und der Geschenknehmer nichts anderes vereinbart haben.


§ 785. Schenkungen an einen Pflichtteilsberechtigten sind auf dessen Pflichtteil insoweit nicht anzurechnen, als der Verstorbene den Erlass dieser Anrechnung letztwillig verfügt oder mit ihm vereinbart hat. In einem solchen Fall ist die von der Anrechnung befreite Zuwendung bei der Ermittlung des Pflichtteils dieses von der Anrechnung befreiten Pflichtteilsberechtigten nicht hinzuzurechnen. Der Vertrag über den Erlass der Anrechnung bedarf der Schriftform; die Aufhebung dieses Vertrags bedarf der Formvorschriften für einen Pflichtteilsverzicht.



Auskunftsanspruch


§ 786. Wer berechtigt ist, die Hinzurechnung bestimmter Schenkungen zu verlangen, hat in Bezug auf diese einen Auskunftsanspruch gegen die Verlassenschaft, die Erben und den Geschenknehmer.


Rechenmethode


§ 787. (1) Eine Schenkung, die der Verlassenschaft nach den vorstehenden Bestimmungen hinzugerechnet wird, ist ihr rechnerisch hinzuzuschlagen. Von der dadurch vergrößerten Verlassenschaft sind die Pflichtteile zu ermitteln.(2) Von einem auf solche Art und Weise vergrößerten Pflichtteil ist die Schenkung an den pflichtteilsberechtigten Geschenknehmer, soweit sie auf seinen Pflichtteil anzurechnen ist, abzuziehen.


Bewertung der Schenkung


§ 788. Die geschenkte Sache ist auf den Zeitpunkt zu bewerten, in dem die Schenkung wirklich gemacht wurde. Dieser Wert ist sodann auf den Todeszeitpunkt nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex anzupassen.


IV. Haftung des Geschenknehmers


§ 789. (1) Wenn bei Bestimmung der Pflichtteile Schenkungen hinzu- oder angerechnet werden, die Verlassenschaft aber zur Deckung der Pflichtteile nicht ausreicht, kann der verkürzte Pflichtteilsberechtigte vom Geschenknehmer die Zahlung des Fehlbetrags verlangen. Dies gilt nicht für die Ausstattung, die ein Kind erhalten hat, soweit es auf diese nach § 1220 einen Anspruch hatte.(2) Mehrere Geschenknehmer haften für den Ausfall am Pflichtteil anteilig im Verhältnis des Wertes ihrer Geschenke.(3) Bezahlt der Geschenknehmer den Fehlbetrag oder den Anteil, für den er nach Abs. 2 einzustehen hat, nicht, so haftet er nur mit der zugewendeten Sache.


 790. (1) Besitzt der Geschenknehmer die zugewendete Sache oder ihren Wert nicht mehr oder hat sich ihr Wert vermindert, so haftet er mit seinem gesamten Vermögen, wenn er diesen Verlust unredlich zugelassen hat.(2) Auf den Anspruch auf Zahlung des Fehlbetrags sind §§ 766 bis 768 über die Stundung des Pflichtteils sinngemäß anzuwenden.


§ 791. (1) Ein pflichtteilsberechtigter Geschenknehmer (§ 758) haftet einem anderen verkürzten Pflichtteilsberechtigten nur insoweit, als er infolge der Schenkung mehr als den ihm bei Berücksichtigung der hinzuzurechnenden Schenkungen gebührenden Pflichtteil erhalten hat.(2) Ist der Geschenknehmer vorverstorben, hat er auf seinen Pflichtteil verzichtet oder die Erbschaft ausgeschlagen, so steht ihm oder seinen Erben die Haftungsfreistellung in Höhe seines hypothetischen Pflichtteils, der zum Todeszeitpunkt des Verstorbenen zu berechnen ist, zu. Die Schenkung ist selbst dann hinzuzurechnen, wenn der Verstorbene die Anrechnung auf den Pflichtteil erlassen hat.(3) Soweit der Geschenknehmer oder dessen Erbe eine Haftungsbeschränkung bereits geltend gemacht hat, kann eine Person, der der Pflichtteil anstelle des Pflichtteilsberechtigten zufällt oder deren Pflichtteil durch den Wegfall des Pflichtteilsberechtigten erhöht wird, keine weitere solche Haftungsbeschränkung geltend machen.


§ 792. Wenn der Geschenknehmer im Zeitpunkt der Schenkung nicht zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehörte (§ 757), haftet er nicht, wenn der Verstorbene die Schenkung mehr als zwei Jahre vor seinem Tod wirklich gemacht hat.

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